Mittwoch, 12. September 2012

Ein Grundriss

Gestern schaffte ich es endlich meinen Bericht für den Nachfolgefreiwilligen zu schreiben. Ich durfte mich in Eduardos gemütlichen Haus breitmachen. Am Nachmittag gab es eine Reunion der Frauengruppe. Paula und ich stellten die Idee für unser Baumhausprojekt vor: Wir möchten eine Jugendgruppe im Dorf ins Leben rufen, in der wir idealer Weise Jungen und Mädchen gemeinsam mobilisieren. Bei gemeinsamen Aktivitäten wollen wir über Träume, Zukunfstsängste und Berufswünsche beziehungsweise -Möglichkeiten sprechen. Dazu planen wir eine Kooperation mit einem Berufskolleg in Pérez, das Workshops anbietet. Unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf einem großen, geräumigen Baumhaus, das Platz für ca. 15 Personen bieten soll. Von dem Prozess des Bauens versprechen wir uns, den Ehrgeiz der Gruppe zu wecken und die Gemeinschaft untereinander zu stärken. In Phasen, in denen nicht gearbeitet wird / werden kann, wie Regenzeit oder Pausen, wollen wir beispielsweise Filme schauen oder Musik hören, die Gesellschaftsprobleme anschneiden. Am Ende soll es ein sichtbares Ergebnis geben, das vor allem als Treffpunkt und Rückzugsort für die Jugendlichen gedacht ist.

Gerade schreibe ich das Thesenpapier, um Fördergelder bei einer Organisation zu akquirieren und Paula wirbelt schon herum, um einen zufriedenstellenden Grundriss zu skizzieren. Einen geeigneten Baum gibt es bereits. Er ist uralt, riesengroß, wunderschön und wir haben einen Verwandten des Tucans zum Nachbarn. Das alles klingt sehr schön, ist aber im Einzelfall viel komplexer und problembehafteter, als ich es jetzt angerissen habe, aber dazu wird Pau sicher noch ausführlicher in der nächsten Zeit schreiben. Im Moment ist sie riesig Begeistert von den vielen positiven Reaktionen, die wir auf unser Projekt hin erhalten. Im Anschluss an unsere Reunion mit den Frauen hatten wir übrigens auch unser erstes Treffen mit der Kolpingfamilie. Man begrüßte uns herzlich und beschloss, dass wir nun täglich bei jedem Mitglied einmal zu Abend essen würden. Jetzt haben wir anderthalb Wochen mit Essen ausgebucht!

Das Highlight erlebten wir gemeinsam mit Luisa, einer Mitfreiwilligen aus Greifswald, dann aber in Pérez am Abend, wo wir ein Konzert im links-alternativen Club Trincheras besuchten. Der letzte Künstler des Abends – Maurice – trat im Hawaii-Hemd und Bermuda-Shorts auf die Bühne, bedeckte den Rest seiner Knöchel mit Sportsocken und trug sein Haar bis zum Hintern. Er sang teils sehr zynische Balladen über die Zerstörung der Natur, den Turbokapitalismus und den Massentourismus. Dabei hatte er eine Sprechstimme wie Horst Schlemmer nach zwei Cohibas und eine Gesangsstimme wie Luciano Pavarotti. Wir konnten nicht anders, als ihn zu unserem Kulturfestival nach Longo Mai im Januar einzuladen. Er sagte sofort zu und lud uns im Gegenzug auf sein Haus auf der Peninsula Osa ein. Zu dieser Zeit kann man in diesem noch nahezu unberührten Naturschutzgebiet Wale beobachten und bei Maurice schwimmen sie direkt vor seinem Fenster. Bald davon sicher mehr...

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