Gestern schaffte ich es endlich meinen Bericht für den Nachfolgefreiwilligen
zu schreiben. Ich durfte mich in Eduardos gemütlichen Haus
breitmachen. Am Nachmittag gab es eine Reunion der Frauengruppe.
Paula und ich stellten die Idee für unser Baumhausprojekt vor: Wir
möchten eine Jugendgruppe im Dorf ins Leben rufen, in der wir
idealer Weise Jungen und Mädchen gemeinsam mobilisieren. Bei
gemeinsamen Aktivitäten wollen wir über Träume, Zukunfstsängste
und Berufswünsche beziehungsweise -Möglichkeiten sprechen. Dazu planen wir eine
Kooperation mit einem Berufskolleg in Pérez, das Workshops anbietet.
Unser Hauptaugenmerk liegt dabei auf einem großen, geräumigen
Baumhaus, das Platz für ca. 15 Personen bieten soll. Von dem Prozess
des Bauens versprechen wir uns, den Ehrgeiz der Gruppe zu wecken und
die Gemeinschaft untereinander zu stärken. In Phasen, in denen nicht
gearbeitet wird / werden kann, wie Regenzeit oder Pausen, wollen wir
beispielsweise Filme schauen oder Musik hören, die Gesellschaftsprobleme
anschneiden. Am Ende soll es ein sichtbares Ergebnis geben, das vor
allem als Treffpunkt und Rückzugsort für die Jugendlichen gedacht
ist.
Gerade schreibe ich das Thesenpapier, um Fördergelder bei
einer Organisation zu akquirieren und Paula wirbelt schon herum, um
einen zufriedenstellenden Grundriss zu skizzieren. Einen geeigneten
Baum gibt es bereits. Er ist uralt, riesengroß, wunderschön und wir
haben einen Verwandten des Tucans zum Nachbarn. Das alles klingt
sehr schön, ist aber im Einzelfall viel komplexer und
problembehafteter, als ich es jetzt angerissen habe, aber dazu wird
Pau sicher noch ausführlicher in der nächsten Zeit schreiben. Im
Moment ist sie riesig Begeistert von den vielen positiven Reaktionen,
die wir auf unser Projekt hin erhalten. Im Anschluss an unsere Reunion mit den Frauen hatten wir übrigens auch unser erstes Treffen
mit der Kolpingfamilie. Man begrüßte uns herzlich und beschloss,
dass wir nun täglich bei jedem Mitglied einmal zu Abend essen würden. Jetzt haben wir anderthalb Wochen mit Essen
ausgebucht!
Das Highlight erlebten wir gemeinsam mit Luisa, einer Mitfreiwilligen aus Greifswald, dann
aber in Pérez am Abend, wo wir ein Konzert im links-alternativen
Club Trincheras besuchten. Der letzte Künstler des Abends –
Maurice – trat im Hawaii-Hemd und Bermuda-Shorts auf die Bühne, bedeckte den Rest seiner Knöchel mit Sportsocken und
trug sein Haar bis zum Hintern. Er sang teils sehr zynische Balladen
über die Zerstörung der Natur, den Turbokapitalismus und den
Massentourismus. Dabei hatte er eine Sprechstimme wie Horst Schlemmer
nach zwei Cohibas und eine Gesangsstimme wie Luciano Pavarotti. Wir konnten nicht
anders, als ihn zu unserem Kulturfestival nach Longo Mai im Januar
einzuladen. Er sagte sofort zu und lud uns im Gegenzug auf sein Haus
auf der Peninsula Osa ein. Zu dieser Zeit kann man in diesem noch
nahezu unberührten Naturschutzgebiet Wale beobachten und bei Maurice
schwimmen sie direkt vor seinem Fenster. Bald davon sicher mehr...
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