Mittwoch, 3. Juli 2013

21

Für meinen Geburtstag rüstete ich mich in Nicaragua mit einer monstergroßen Flasche "Flor de Caña 7 años" aus. Der kam dann gestern auch zum Einsatz. Am 02. begann der frühe Morgen mit einer zehrenden Einkaufstour in Pérez. Bepackt bis unter beide Arme, spendierte Julia, meine südtiroler Mitfreiwillige und neue Gastschwester, mir ein Auto von der Carretera hoch ins Dorf. Bei Sulma bereiteten wir Pizza zu, machten Schokoladenpudding und - was auf keiner fiesta in Costa Rica fehlen darf - arroz con pollo (Reis mit Hühnchen. Ein wirklich leckeres Essen, das besonders schön wurde, als Ramón und die Mariachis begannen, exklusiv für mich zu spielen. Die ganze Familie von Sulma ist jetzt bereits rührselig, weil ich bald gehe und mir geht es ähnlich. Später spielten und sangen wir gemeinsam und auch Guadalupe war Feuer und Flamme. So ließ sie es sich nicht nehmen, mir ein Ständchen zu bieten. Ich schloss meine Augen und lauschte ihrer satten, traurigen Stimme. Das ist schon ein ganz besonderer Moment, wenn dir an deinem 21. Geburtstag mitten im Regenwald eine Frau ein Lied nur für dich singt, die schon mit Größen wie Tracy Chapman, Peter Gabriel, Bruce Springsteen oder Sting auf einer Bühne gestanden hat. Jeder Song kommt von Herzen, die Atmosphäre auf der Feier ist familiär und vertraut. Dafür bin ich Lupe, Sulma und natürlich meiner Gastmama Marta so unendlich dankbar, dass sie mir in meinem Jahr Geborgenheit und eine Familie geboten haben.






In der Nacht gab es dann eine Tanzfeier für mich. Die Jugendgruppe organisierte die Musik, so wurde es ein richtig schöner, typischer Casa Verde baile (Tanzabend) noch einmal zum Abschied.
Das "gemütliche Hereinfeiern" im Anschluss artete in eine feucht-fröhliche borrachera (Trinkgelage - ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol ist von großer Wichtigkeit *Anm. d. Red.) aus. Ein toller Abend mit netten Leuten, Luftballons und lustigen Geschenken. Was kann ich mir mehr zum 21. wünschen?
Einen leckeren Geburtstagskuchen! Den gab es einmal von Paula und von Mama, die mir doch ernsthaft eine Schoko-Bombe aus Deutschland hat einfliegen lassen!!! Ein köstliches Meisterwerk und eine Karte mit dem Kommentar: "Wenn du nach Hause kommst, gibt es natürlich einen richtigen Kuchen, einen, der schmeckt." Da bin ich aber beruhigt, Muttern - diese fade Hässlichkeit aus Nougat hätte ich sonst als Beleidigung aufgefasst:


Am Geburtstagsmorgen war darüber hinaus ein Frühstück mit den anderen Freiwilligen von Lupe angesetzt worden. Bei der Einladung hatten wir in weiser Voraussicht - zum Wohle der weniger trinkfesten Gäste des Vorabends - den Zeitpunkt auf elf Uhr am Vormittag gelegt. Als ich um drei in der Nacht nach Hause kam, grüßte ich noch Doña Marta , die gerade aufstand, um die Ziegen zur Weide zu bringen. Die Sonne ging gerade auf und das Feuer für die Bohnen brannte bereits. Ich putzte mir die Zähne und kletterte beseelt ins Bett. Nur zwei Stunden später wurde ich von hektischem Geraschel und Wimmerlauten aus dem Schlaf gerissen. Julia, die ihren Abreisetag hatte, suchte hysterisch ihren Reisepass, der wie vom Erdboden verschluckt war. Den gesamten Morgen und Vormittag verbrachte ich damit, zu suchen, mit der italienischen Botschaft zu telefonieren und Julia zu unterstützen. So wurde der Abschied dramatisch, die Passfrage blieb vorerst noch offen.
Erst gegen Nachmittag versammelten wir uns schließlich auf Guadalupes Terrasse. Zwischenzeitlich erreichte uns die Nachricht, dass man Julias Pass gefunden hatte. Wir waren erleichtert, quatschen lange und unser Frühstück ging nahtlos in ein Mittagessen über. Danach rollten wir mit kugelrunden Schokoladenbäuchen zum reißenden Fluss, als Abkühlung gegen die heiße Mittagssonne.

Der Rest des Tages bestand daraus, Glückwünsche entgegenzunehmen und mehr oder minder zur Ruhe zu kommen. Gar nicht mal so leicht, denn die Kinder haben Schulferien, den ganzen Tag ist also volles Haus. Es war ein toller, langer Geburtstag, der ein Bisschen dafür entschädigt, schon ein so alter Sack zu sein.

Euch in der Heimat schicke ich meinen dicksten Dank für die Glückwünsche, Karten, Briefe, Geschenke und einfach, dass ihr an mich denkt!!! Das mache ich auch und freue mich schon darauf, wenn wir dann zu Hause nachfeiern.

Alles Liebe und pura vida,

euer Florian

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